1818 – 1877
I.
Nie hat so bang und feierlich
geschlagen
Die Jahresglocke dieser Stadt Genossen,
Nein, immer hoffnungsreicher
sah man sprossen
Den wohlgepflegten Stamm aus
alten Tagen.
Und Frankfurt hat sein
blühendes Behagen
Nicht kleinen Sinns für sich
allein genossen,
Hat seine Fülle reich und gern
erschlossen,
Wo ihm ans Ohr gedrungen deutsches
Klagen.
Nicht viel den Danks ist ihm
zu Theil geworden;
Ja, Hohn erklang von deutscher
Ströme Borden,
Dieweil erlosch ein deutscher
Edelstein.
Einst wird die Wahrheit
glänzend sich entfalten;
Noch aber laßt uns fest
zusammenhalten:
Wir tragen das Familienleid
allein
II. – Erinnerung an Fellner
In schweren Tagen bist Du
heimgegangen,
Gepreßtes Beileid nur war
unsre Spende;
Nun denken wir bei stiller
Jahreswende
Der Sommerfrüh’, da wir Dein
Grablied sangen.
Durch fünfmal hundert Jahren
rüstig schwangen
Des Freistaats Zepter jährlich
neue Hände,
Voll Hoffnung, daß der Himmel
Beistand sende,
Wenn ungestüm die Wogen uns
umdrangen.
Du warst der letzte, der das
Banner führte;
Was Wunder, daß der
Schicksalsgang dich rührte?
Denn seine Wucht beugt wohl
die besten Geister.
Und konntest Du dem harten
Stolz nicht wehren,
Wir legen den Cypressenkranz
in Ehren
Auf Deinen Sarg, geliebter
Bürgermeister!
III. – Blücher in Frankfurt
Im Jahre Fünfzehn sahen wir
den Alten,
Der heimwärts kam von Waterloo
gezogen.
Er sprach zu uns vom hohen
Fensterbogen:
„Gott schütze Frankfurt und
sein treues Walten!
Recht patriotisch wußtet ihr
zu schalten,
Wart unsern Truppen hülfreich
und gewogen,
Drum kühl’ ich mich zu eurer
Stadt gezogen:
Wollt mich in gutem Angedenken
halten“. –
Dezember Fünfzehn, aus dem
weißen Schwan,
Sprach so zum Volk der
Marschall vom Altan:
Dies melden zuverlässig alte
Bücher.
Doch andre Feldherrn auf der
Siegesfahrt,
Die redeten zu uns in andrer
Art. –
In gutem Angedenken steht der
Blücher.
IV. - Rückblick
Wir sah’n des Reiches Glanz in
unsern Thoren,
Wir sah’n der Krönungstage
buntes Treiben;
Und, sie im Abglanz würdig zu
beschreiben,
Ward Wolfgang Goethe
noch bei uns geboren.
Dann ward allhier ein neuer
Bund beschworen;
Der Reichstag, der ersehnte,
sollt’ uns bleiben;
Hell drang der Glockenton an
unsre Scheiben,
Da man den deutschen Kaiser
auserkoren.
Zum Heil erfüllen sich die Weltgeschicke;
Wir aber wenden noch bethränte
Blicke
Nach allem Schönen, Theuren,
das wir hatten.
Wenn wir’s mit liebenden
Gedanken hegen,
Dann wird dem späten Enkel
noch zum Segen,
O Frankfurt! Deines großen
Namens Schatten.
1818 – 1877
In banger Zeit hast du dein
Lied erhoben,
Kaum fragend, ob es je zur
That gedeihe;
Denn schwermuthsvoll war deine
Dichterweihe,
Und Schwermuth wirkten dir die
Sterne droben.
Doch in den dunklen Grund war
leis’ gewoben
Ein Hoffungstraum: daß
Oestreich sich befreie,
Um einzugeh’n in die
Nationenreihe;
Und siehe da! Es hat sich nun
erhoben.
Du Armer durftest ihm die Zeit
der Klage,
Wie Nachtigallen im verkängten
Zimmer,
Durch Zaubertöne wehmuthsreich
versüßen.
Nun kommt der erste Strahl vom
jungen Tage;
Doch Memnon ist erstarrt, und
kann den Schimmer
Des neuen Lichts mit keinem
Klang begrüßen.